Wann wird Klang zu Lärm? Wann wird Lärm zu viel? Ab welchem Moment erleiden unsere Ohren eine Gehörschädigung? Unsere Ohren sind nicht die einzigen, die eventuell unter Lärm leiden. Die Wirkungen können sich auch an anderen Stellen unseres Körpers manifestieren, z.B. durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Lärmbelästigungen können unseren Nachtschlaf beeinträchtigen mit nicht zu vernachlässigenden gesundheitlichen Folgen. Darüber hinaus kann Lärm weitere Auswirkungen auf unser allgemeines Wohlbefinden haben. Tatsächlich ist Gesundheit nicht nur durch fehlende Erkrankung charakterisiert. Lärm kann unsere Auffassungsgabe, unsere Konzentration beeinflussen und Irritation hervorrufen.

Gehörschädigung
Herz-Kreislauf-Erkrankung
Schlafstörung
Schlechte Leistungen in Schule und Beruf
Gereiztheit
Vorbeugen ist besser als Heilen
  
Gehörschädigung: Wann ist laut zu laut?


Ab wann wird Klang zu Lärm? Das ist subjektiv und hängt von unseren Tätigkeiten und persönlichen Vorlieben ab. Es gibt jedoch eine objektive Grenze, ab der das Risiko einer Schädigung des Gehörs besteht. Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt eine längere Exposition bei einem Geräusch von unter 75 dB(A) nicht zu einer Gehörschädigung. Ein Risiko besteht, wenn diese Grenze überschritten wird, und nimmt mit der Dauer der Exposition zu. Für jede 3 dB(A), die es lauter wird, verringert sich die „risikolose“ Zeit, die man gefahrlos zuhören kann, um die Hälfte. Bei 80 dB(A) entspricht dies einer täglichen Exposition von 8 Stunden. Eine tägliche Exposition von einer Stunde bei 90 dB(A) ist für das Gehör bereits verhängnisvoll (vgl. auch Stellungnahme des Hohen Gesundheitsrates zu MP3-Spielern).

Ein zu starker Lärm schädigt die Haarzellen in unserem Innenohr (die Cochlea, Innenohrschnecke), die Schallschwingungen auf den Hörnerv übertragen. Diese Schädigung ist irreparabel. Vorbeugen ist also besser als Heilen. Eine Schädigung des Gehörs hat verschiedene Erscheinungsformen: Ohrensausen (Tinnitus, ein ständig wahrgenommenes Grundgeräusch, das durch die Schädigung des Innenohres hervorgerufen wird), Hörverlust oder Überempfindlichkeit gegen Geräusche. Tinnitus seinerseits kann weitere Folgen haben, wie Schlafstörungen, Angstzustände, Depression, Kommunikationsprobleme, Gereiztheit, soziale Isolierung und, im Extremfall, Suizid.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Lärm bewirkt kurzzeitig Veränderungen des Blutkreislaufs, wie Blutdrucks und Herzschlags, des Pumpvolumens vom Herz, Verengungen der Blutgefäße und die Ausschüttung von Stresshormonen. In den letzten Jahren hat die Forschung nachgewiesen, dass ein ständiger durch Lärm verursachter Stress das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen erhöht, ebenso für hohen Blutdruck und Verengung der Herzkranzgefäße, was zu einem Herzinfarkt führen kann. Dieses Risiko steigt ab einer Lärmexposition von über 55 dB(A) (Tagesdurchschnitt).

Schlafstörungen

Ein guter Nachtschlaf ist biologisch unabdingbar. Während des Schlafs erholt sich unser Körper von den Anstrengungen des Tages sowohl physisch als auch mental. Ein gestörter Nachtschlaf kann zu Problemen der Gesundheit und des Allgemeinbefindens führen: Müdigkeit, Übellaunigkeit, Stress, schlechte Leistungen in Beruf oder Schule, verminderte Reaktionsfähigkeit und sogar Unfälle. Zudem kann schlechter Nachtschlaf unsere Immunabwehr verringern. Man geht auch davon aus, dass Nachtlärm das Hormongleichgewicht des Organismus stört und zur Entwicklung von Herz-Kreislauferkrankungen, Depression oder Diabetes beiträgt.

Konkret hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgestellt, dass die Qualität des Schlafs abnehmen kann, wenn (unerwartete) Geräusche von mehr als 30 dB(A) auftreten: man schläft unruhig, wälzt sich, wacht häufiger auf, oft ohne es zu merken. Ein unerwartetes Geräusch von mehr als 40 dB(A) kann zum Erwachen führen und ständige Geräusche über durchschnittlich 50 dB(A) können Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wie eine Erhöhung des Blutdrucks. Ein Geräusch über durchschnittlich 55 dB(A) wird von der WHO als gefährlich für die öffentliche Gesundheit eingestuft, da es zu einer starken Störung des Nachtschlafs und einem gesteigerten Risiko der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann, wie Bluthochdruck und Verengung der Koronararterien, was zu einem Herzinfarkt führen kann. Die WHO empfiehlt eine Begrenzung des nächtlichen Geräuschpegels auf 40 dB(A) (LNacht). Dieser Grenzwert wird öffentlichen Behörden empfohlen, wenn es um eine Verbesserung der Lebensqualität in Wohngegenden geht.

Leistungsschwäche in Schule und Beruf

Lärm hat negative Auswirkungen auf die mentale Leistungsfähigkeit, wie Lesen, Konzentration und Gedächtnisleistungen. Man hat festgestellt, dass Kinder bei einer durchschnittlichen Geräuschexposition von über 55 dB(A) (Ldn) beginnen, an Noise Induced Cognitive Impairment zu leiden (eine Lernschwäche, die durch Lärm verursacht wird). Lärmbelastung kann also zu Lernschwächen bei Kindern führen. Nicht nur Kinder werden durch Lärm beeinträchtigt, wenn es ums Lesen, Lernen, Erinnern geht. Erwachsenen fällt es ebenfalls schwerer, sich in einer lauten Umgebung zu konzentrieren.

Nächtliche Geräusche haben Einfluss auf das Gedächtnis, da während des Schlafs Informationen im Gehirn gespeichert werden. Störungen während des Schlafs bringt diesen Mechanismus unter Druck. Eine Verringerung des Lärms, sowohl am Tage als auch in der Nacht, um 5 dB(A) im Bereich von 55 bis 65 dB(A) kann die mentalen Leistungen um 2 bis 10 % erhöhen.

Gereiztheit

Gereiztheit hat für die Gesundheit indirekte Auswirkungen: Sie führt ja zu Stress, und der Stress zu anderen Gesundheitsproblemen. Es braucht dann nicht mehr viel... Die Schwelle der Gereiztheit, die durch den Lärm hervorgerufen wird, ist nicht bei allen gleich. Jedoch ist der Prozentsatz der Personen, die durch Umgebungsgeräusche gereizt werden, mit dem Lärmpegel verknüpft: ab 55 dB(A) steigt dieser Prozentsatz (10 %) auf 30 % bei 70 dB(A). Der Prozentsatz der Menschen, die vom Lärm gereizt werden, hängt auch von der Art des Lärms ab. Was Verkehrslärm betrifft, scheint Fluglärm als unangenehmer empfunden zu werden als Straßenlärm, der seinerseits unangenehmer scheint als der Lärm von Schienenfahrzeugen.

Vorsorge ist besser als Heilen

In der Rubrik „Zuständigkeiten“ lesen Sie, wer für die Verminderung der Geräuschentwicklung an der Quelle zuständig ist. Oft muss man selbst mit gutem Beispiel voran gehen, um die Ohren zu schützen: z.B. durch Gehörschutzstöpsel oder Kapselgehörschutz. In der Rubrik über MP3-Spieler lesen Sie einige Tipps, wie Sie Musik ohne Gefährdung Ihrer Ohren genießen können.