Unter „genetischen Ressourcen“ versteht man das gesamte Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiologischen oder anderen Ursprungs, das funktionelles Erbgut enthält und einen tatsächlichen oder potentiellen Wert besitzt (Art.2 CBD, 1992). Diese Ressourcen stehen im Mittelpunkt wichtiger wirtschaftlicher Fragen, für die ein gesetzlicher Rahmen erarbeitet werden muss, damit ein Zugang zu diesen genetischen Ressourcen möglich wird, bei dem die Inhaber benannt und geschützt werden.

Die genetischen Ressourcen sind Teil der Ökosystemdienstleistungen, der „Versorgung“, zu denen hölzerne Ressourcen (Holz), landwirtschaftliche Produkte oder Fasern (Baumwolle, Seide, ...) zählen. Leider ist nach dem Bericht der Vereinten Nationen über die Evaluierung der Ökosystemdienstleistungen zur Jahrtausendwende (2005) nahezu die Hälfte der untersuchten Versorgungsdienstleistungen (darunter auch die genetischen Ressourcen) geschädigt oder wird nicht nachhaltig genutzt.

Genetische Ressourcen und wirtschaftliche Fragen

Dennoch gewinnen die genetischen Ressourcen im Rahmen der Biodiversität mehr und mehr an Bedeutung und stehen im Mittelpunkt grundlegender wirtschaftlicher Fragen. Sie bilden tatsächlich die Basis für die Entwicklung zahlreicher Produkte in vielen Bereichen, wie Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, Biotechnologie, Pharmazie und pflanzlicher Medizin, Gartenbau oder Kosmetik.

Unternehmen weltweit stützen sich auf genetische Ressourcen und das traditionelle Wissen indigener und lokaler Gemeinschaften, um neue Produkte zu entwickeln. Laborforschungen können früher oder später für die gesamte Weltbevölkerung von Nutzen sein (im Rahmen der Entwicklung eines Medikaments oder eines Impfstoffs, zum Beispiel).

Das Nagoya-Protokoll

Knapp zwei Jahrzehnte nach der Annahme der Biodiversitätskonvention (CBD - 1992), die drei Hauptziele verfolgte (Erhaltung, nachhaltige Nutzung und Zugang und Vorteilsausgleich (Access and Benefit Sharing, ABS) der Biodiversität), hat die internationale Gemeinschaft Ende Oktober 2010 ein spezifisches Protokoll verabschiedet: das Nagoya-Protokoll über den Zugang zu den genetischen Ressourcen und den gerechten und fairen Ausgleich der Vorteile aus deren Verwendung.

Dieses Protokoll trägt maßgeblich zur Realisierung des dritten Ziels des CBD bei, indem es einen transparenten gesetzlichen Rahmen für die Nutzer und Lieferanten der genetischen Ressourcen schafft. Es trägt ebenso früher oder später zur Lösung der Probleme der Biopiraterie bei, der öfters bestimmte Unternehmen bezichtigt werden, die neue Produkte entwickeln wollen, ohne die eigentlichen Inhaber der genetischen Ressourcen oder der verbundenen traditionellen Kenntnisse zu berücksichtigen.